Studium EKIW ®

Lichtblick Nr. 3 (November 1998)

Von der Notwendigkeit einer sanften Wachsamkeit

Kenneth Wapnick

Im letzten LICHTBLICK ging es um den ersten der drei Grundsätze des Ego und wie er von der ersten Lektion des Heiligen Geistes beantwortet wird. Heute werden wir uns mit der zweiten und dritten Lektion des Heiligen Geistes beschäftigen. Zu Anfang wiederholen wir die drei Grundsätze des Egodenksystems und die entsprechenden Antworten des Heiligen Geistes darauf (siehe T-6.V.).

Das Ego
1. Damit du hast, nimm allen alles.
2. Damit du Trennung hast, lehre Angriff, um ihn zu lernen.
3. Setze deine Wachsamkeit nur für das Ego und sein Reich der Schuld ein.

Der HEILIGE GEIST
1. Damit du hast, gib allen alles.
2. Damit du Frieden hast, lehre Frieden, um ihn zu lernen.
3. Setze deine Wachsamkeit nur für Gott und sein Reich ein.

Bei der Betrachtung des Egodenksystems ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, daß der Tenor des Ego lautet, seine individuelle Existenz um jeden Preis zu erhalten. Im Ursprung des Ego selber drückt sich dieses primäre Ziel aus, da das Ego nur durch die Trennung von Gott entstanden sein kann, ein Akt, der innerhalb seines eigenen Denksystems die Vernichtung des Schöpfers bedeutet. Der erste Grundsatz des Ego Damit du hast, nimm allen alles bringt im wesentlichen dieses grundlegende Egoziel zum Ausdruck, das auch als entweder ich oder der andere oder, wie es plastischer im Handbuch für Lehrer heißt, als töten oder getötet werden formuliert werden kann (H-17.7:11). Da die gesamte Zeit nichts als ein bruchstückhafter Schatten dieses ontologischen Augenblicks ist, als wir die Trennung des Ego anstelle des Einsseins Christ, Gottes einer Schöpfung, gewählt haben, durchleben wir diese ursprüngliche und angsterregende Entscheidung in jedem einzelnen Augenblick erneut, in dem wir uns dafür entscheiden, daß Individualität und Besonderheit unsere Wirklichkeit sein sollen. Wie Jesus im Textbuch sagt:

Jeden Tag – jede Minute eines jeden Tages und jeden Augenblick, den jegliche Minute birgt – durchlebst du nur erneut den einen Augenblick, in dem die Zeit des Schreckens den Platz der Liebe einnahm (T-26.V.13:1).

Damit also unsere individuelle Existenz lebendig und unangetastet bleibt, müssen wir immer unsere Trennung aufrechterhalten, und das geschieht durch Angriff, den zweiten Grundsatz des Ego: Damit du Trennung hast, lehre Angriff, um ihn zu lernen. Angriff, die letzte Abwehr des Ego gegen die Liebe Gottes, ist die Erfüllung seines primären Ziels: die Trennung beizubehalten, aber nicht für sie verantwortlich zu sein, wie Jesus in der Einleitung zu seiner Erörterung der Kreuzigung erläutert:

Ärger beinhaltet immer die Projektion der Trennung, wofür man letztlich die Verantwortung selber übernehmen muß, statt anderen die Schuld zuzuweisen (T-6.Einl.1:2).

Im letzten LICHTBLICK sind wir auf die winzig kleine Wahnidee und einige der Auswirkungen dessen eingegangen, daß der Sohn diese Idee ernst nahm. Wir kehren jetzt zu diesem ontologischen Augenblick zurück und schauen uns noch einige weitere Aspekte der Anfänge der Trennung an, wobei wir uns besonders darauf konzentrieren, was sie für den zweiten und dritten Grundsatz des Ego bedeuten, die Gegenstand dieses Artikels sind.

Wir haben bereits gesehen, daß das, was Gottes Sohn anzog, als der Trennungsgedanke scheinbar in seinem Geist aufkam, die Besonderheit seiner neu gefundenen Individualität war. Daher entschied er sich für die Deutung, die das Ego von dieser winzig kleinen Wahnidee gab, statt für das Sühneprinzip des Heiligen Geistes, demzufolge die Trennung niemals wirklich stattgefunden hat. Das machte es ihm möglich, an die Wirklichkeit dessen zu glauben, was er als seine neu errungene Freiheit von der eingebildeten Tyrannei Gottes erlebte. Doch sobald der Sohn das Ego wählte und sich mit dessen Vorstellung von einem getrennten und individuellen Selbst identifizierte, schlug ihm das Ego ein Schnippchen. Es sagte dem Sohn, daß er jetzt zwar eigenständig, autonom und frei sei, für seine Freiheit jedoch teuer bezahlt habe. Wir haben diesen Gedanken bereits gestreift, aber jetzt können wir seine volle Tragweite würdigen.

Das Ego fährt fort, dem Sohn zu erklären, daß die einzige Weise, wie er seine Freiheit und individuelle Existenz erringen konnte, darin bestand, den Gott des vollkommenen Einsseins zu zerstören. Für jemanden, der logisch denkt, ist es klar, daß Trennung und Einssein, Individualität und Totalität nicht gleichzeitig am selben Ort bestehen können, ebensowenig wie Dunkelheit und Licht oder Angst und Liebe zur gleichen Zeit dasein können. Das eine bringt das andere automatisch zum Verschwinden. Und daher, so schlußfolgert das Ego in seiner Argumentation dem Sohn gegenüber, wurde die Trennung zu dem Preis erkauft, Gott zu vernichten, damit die Individualität leben konnte, und dieser Akt heißt Sünde. So wird die Trennung im Geist des Sohnes jetzt für immer mit der Sünde gleichgesetzt, an die er durch ebenseine Existenz als separates Individuum ständig erinnert wird. Die scheinbaren Segnungen der Individualität waren, milde ausgedrückt, von kurzer Dauer und entpuppen sich jetzt als Fluch, denn Sünde kann nur eine Folge haben – Strafe, und von keinem Geringeren als Gott selbst, der sich, wie es scheint, aus dem Grab erheben wird, um seinen sündigen Sohn zu verfolgen:

Die Sünde verlangt nach Strafe, wie der Irrtum nach Berichtigung verlangt, und die Überzeugung, Strafe sei Berichtigung, ist eindeutig wahnsinnig.
Die Sünde ist kein Irrtum, denn die Sünde bringt eine Arroganz mit sich, die der Idee des Irrtums fehlt. Sündigen hieße gegen die Wirklichkeit verstoßen und darin erfolgreich sein. Die Sünde verkündigt, daß Angriff wirklich und Schuld gerechtfertigt ist. Sie geht davon aus, daß der Sohn Gottes schuldig ist und daß es ihm demnach gelungen ist, seine Unschuld zu verlieren und sich selbst zu etwas zu machen, was Gott nicht erschaffen hat. So wird die Schöpfung als nicht ewig gesehen und der Wille Gottes als dem Widerstand und der Niederlage ausgesetzt betrachtet. Die Sünde ist die größenwahnsinnige Illusion, die dem gesamten Größenwahn des Ego zugrunde liegt. Denn durch sie wird Gott selbst verändert und unvollständig gemacht … Das Ego überbringt die Sünde nämlich der Angst und fordert Strafe. Strafe ist jedoch nur eine weitere Form des Schutzes für die Schuld, denn das, was Strafe verdient, muß wirklich getan worden sein. Die Strafe ist immer der große Erhalter der Sünde, der sie mit Respekt behandelt und ihre Ungeheuerlichkeit ehrt. Was bestraft werden muß [d.h. die Sünde], muß wahr sein. Und das, was wahr ist, muß ewig sein und wird endlos wiederholt. Denn das, wovon du denkst, es sei wirklich, das willst du, und du wirst es nicht loslassen (T-19.II.1:6;2; T-19.III.2:2-7).

Somit verstärkt genau die Angst vor Gottes Strafe beständig den Glauben, daß etwas Furchtbares – die Sünde der Trennung und Individualität – geschehen ist, das eine solche Bestrafung notwendig macht und den Zustand der permanenten Angst, in dem sich der Sohn befindet, rechtfertigt. Und er ist in dieser bösartigen Zange der Trennung gefangen, weil er seinen Glauben an die Wirklichkeit seiner individuellen Existenz nicht loslassen will: »Doch du hast einen Götzen aus deiner Wirklichkeit gemacht, den du vor dem Licht der Wahrheit schützen mußt. Die ganze Welt wird zu dem Mittel, mit dem man diesen Götzen retten kann« (T-29.VII.9:8-9). Zwangsläufig gibt es demnach kein anderes mögliches Ergebnis für ihn als ein Leben der Besonderheit und Sünde, das ihn auf ewig zu einem Gefängnis der Schuld und Angst, des Leidens und Todes verurteilt.

Doch wieder einmal kommt das Ego dem Sohn zur »Hilfe«, dieses Mal, indem es das Prinzip der Projektion anwendet. Seine Rettungsstrategie funktioniert auf folgende Weise: Wie das Ego dem Sohn sagt, gibt es unglücklicherweise nichts, was die Wirklichkeit der Sünde leugnen könnte, da die Trennung von Gott wirklich ist und tatsächlich stattgefunden hat. Doch gibt es eine Möglichkeit, sich der Sünde zu entledigen, so daß das einzige, was übrigbleibt, die Individualität ist, die mit der Trennung von Gott errungen wurde. Mit anderen Worten besteht der Plan des Ego darin, die Trennung beizubehalten, nicht jedoch die Sünde. Das Ego rät dem Sohn daher, einen Teil seines Selbst – den Gedanken der Sünde – abzuspalten und ihn aus seinem Geist hinauszuprojizieren, jenseits seiner selbst. Das läßt scheinbar eine andere Person entstehen, die jetzt zum Depot für die Sünde des Sohnes wird. In dem Abschnitt »Der Träumer des Traums« in Kapitel 27 des Textbuchs bezeichnet Jesus dies als die Welt der Träume, die aus dem geheimen Sündentraum des Geistes und dem projizierten Traum der Welt besteht, in dem die spezifischen Figuren zu finden sind, die das sündige Selbst darstellen, das wir verborgen zu halten suchen. Dieser psychologische »Trick« erlaubt es dem Sohn, seine Individualität beizubehalten, die Sünde jedoch hat er jetzt »jemand anderem« übergeben. Jemand anderem ist in Anführungszeichen gesetzt, weil es in der Tat außerhalb von ihm niemanden gibt, da die Welt nichts anderes als eine Halluzination im gestörten Geist von Gottes Sohn ist (T-20.VIII.7-9).

Nur im Traum des Sohnes von der Trennung existieren spezifische Menschen außerhalb seines Geistes als Sünder. Innerhalb des Traums jedoch ist diese Strategie, um mit den Worten des Kurses zu sprechen, narrensicher. Tatsächlich wurde das gesamte physische Universum vom Ego mit genau dieser Zielsetzung entworfen: Es erfindet eine Welt des Konkreten, damit es jemand im Äußeren geben kann, auf den wir unseren verborgenen Haß auf uns selbst projizieren können. Das ist die Bedeutung dessen, was Jesus in der Übungsbuchlektion 161 lehrt:

Vollständige Abstraktion ist der natürliche Zustand des Geistes. Doch ist ein Teil von ihm jetzt unnatürlich. Er schaut nicht auf alles als eins. Statt dessen sieht er nur Fragmente des Ganzen, denn nur so konnte er die partielle Welt erfinden, die du siehst. Der Zweck allen Sehens ist, dir das zu zeigen, was du zu sehen wünschst. Alles Hören bringt deinem Geist nur jene Töne, die er hören will.
So wurde das Konkrete gemacht … Haß ist konkret. Es muß ein Ding geben, das angegriffen werden kann. Ein Feind muß in einer solchen Form wahrgenommen werden, daß er berührt, gesehen und gehört und letztendlich getötet werden kann. Wenn Haß auf einem Ding ruht, verlangt er nach dem Tod, so sicher, wie Gottes Stimme verkündet, daß es keinen Tod gibt. Die Angst ist unersättlich, sie verzehrt alles, worauf ihr Auge fällt, da sie sich selbst in allem sieht und gezwungen ist, sich gegen sich zu wenden und zu zerstören (Ü-I.161.2:1-3;7; Kursive v. Verf.).

Und so verwenden wir unsere Wahrnehmung ständig, um die Sünde und Schuld zu sehen, die wir »zu sehen wünschen«, und die Geräusche zu hören, die unser Ego »hören will«. Das erfordert unsere konstante Wachsamkeit, um nach diesen Objekten des Hasses Ausschau zu halten, und führt zur Entstehung des dritten Egogrundsatzes: Setze deine Wachsamkeit nur für das Ego und sein Reich der Schuld ein.

Wenn wir diesen Egomechanismus verstehen, wie das Abspalten unserer Sünde zum Erfinden einer Welt der Sünde führt, können wir besser einschätzen, welche Macht den beiden folgenden Egoprinzipien zukommt: 1. ständig Angriff zu lehren und zu lernen, um die Trennung zu bewahren, und 2. eine permanente Wachsamkeit aufrechtzuerhalten, um die Sünde und Schuld, die unser Ego bereits als wirklich begründet hat, in anderen zu finden. Es ist diese Wachsamkeit für die von uns in anderen wahrgenommene Schuld, die unsere Erfahrung in der Welt charakterisiert, in der wir zu leben glauben, und die so plastisch in der »Anziehungskraft der Schuld« in dem Abschnitt über »Die Hindernisse vor dem Frieden« (T-19. IV) geschildert wird. In einer Passage, vergleichbar mit der Stelle, die wir aus Lektion 161 zitiert haben, verwendet Jesus das Bild der »hungrigen Hunde der Angst«, um das unersättliche Bedürfnis des Ego zu beschreiben, die Schuld, die es in anderen wahrnimmt, zu finden und dann anzugreifen (T-19.IV.A.12,13).

Zusammenfassend besteht die Strategie des Ego also darin, die Sünde zuerst als wirklich zu begründen, als Mittel, um dem Sohn zu beweisen, daß seine Individualität wirklich existiert und die Trennung von Gott tatsächlich stattgefunden hat. Ist dies erst einmal als Wahrheit akzeptiert worden, läßt uns das Ego unseren Glauben an die Sünde abspalten und ihn aus uns herausprojizieren. Das führt dazu, daß die Innenwelt des Geistes von Sünde, Schuld und Angst außerhalb in einer physischen Welt wahrgenommen wird, wimmelnd von sündigen Tätern, die darauf aus sind, uns anzugreifen, es sei denn, wir sind imstande, sie – mit vollem Recht – zuerst anzugreifen. Angriff ist daher das Mittel, mit dem wir glauben, vor unserer Schuld gerettet werden zu können, und im Angriff wird unsere panische Angst vor Gottes Zorn gegen die tagtäglichen Ängste eingetauscht, die jeder in der Welt als Teil dessen erlebt, was wir als unsere normale Existenz ansehen.

Da sich das Ego der Verleugnung bedient, kommt uns niemals in den Sinn, daß etwas an dem Egoplan der Erlösung nicht stimmt – er funktioniert nämlich nicht. Erdacht, um uns vor der Angst zu schützen, verstärkt der Egoplan sie lediglich. Diese unglückliche Lage, daß wir nicht imstande sind, dem Ego und seinem wahnsinnigen Denksystem entgegenzutreten und seine Logik in Frage zu stellen, wird in der folgenden Passage zusammengefaßt:

Das Ego hat darauf keine wirkliche Antwort, weil es keine gibt, aber es hat dennoch eine Lösung, die für es typisch ist. Es löscht die Frage aus dem Bewußtsein des Geistes aus. Ist sie erst einmal aus dem Bewußtsein gelöscht, so kann die Frage Unbehagen erzeugen, und das tut sie auch, aber sie kann nicht beantwortet werden, weil sie nicht gestellt werden kann (T-4.V.4:9-11).

Die Verleugnung dient also dazu, 1. die Liebe des Heiligen Geistes, 2. die Gedanken des Ego von Sünde und Haß und 3. den Entscheider in unserem Geist, der noch einmal wählen kann, aus unserem Bewußtsein zu löschen. Solange dieser Teil, der Entscheidungen trifft, uns nicht wieder zu Bewußtsein kommen kann, gibt es keine Hoffnung – ein Zustand, den das Ego immer beibehalten möchte. Paradoxerweise ist es ebender Schmerz, den das Egodenksystem in uns hervorruft, der schließlich seine Aufhebung herbeiführt:

Die Leidensfähigkeit mag groß sein, sie ist aber nicht grenzenlos. Schließlich beginnt ein jeder zu begreifen – wie undeutlich auch immer –, daß es einen besseren Weg geben muß (T-2.III.3:5-6).

Unfähig, ein Leben des Elends und Leidens dadurch zu rechtfertigen, daß wir anderen die Schuld geben, sind wir schließlich bereit, Hilfe von jemand anderem als unserem Ego zu erbitten. Wie Jesus uns ermahnt: »Tritt jetzt als dein eigener Lehrer zurück … denn du wurdest schlecht gelehrt« (T-12.V.8:3; T-28.I.7:1). Mit dieser Entscheidung geht die Einsicht einher, daß wir Freude anstelle von Schmerz, Glück anstelle von Elend und Frieden anstelle von Krieg wollen. Und da es also Frieden ist, den wir wollen, ist es dieser Frieden, den wir lernen möchten, worin die zweite Lektion des Heiligen Geistes besteht: Damit du Frieden hast, lehre Frieden, um ihn zu lernen. Wir haben endlich begriffen, daß Jesus recht und wir unrecht hatten. Darüber hinaus können wir froh akzeptieren, daß es uns viel besser geht und wir glücklicher sind, wenn wir sein Denksystem der Vergebung und des Friedens wählen, statt des wahnsinnigen Egodenksystems der Besonderheit und des Angriffs. Wie Jesus uns in dieser zweiten Lektion klarmacht: »Es kann keinen Konflikt zwischen geistiger Gesundheit und Wahnsinn geben. Nur eines davon ist wahr, und daher ist nur eines wirklich« (T-6.V-B.6:1-2). Und daraus folgt:

Der Ausweg aus dem Konflikt zwischen zwei entgegengesetzten Denksystemen ist eindeutig der, sich für das eine zu entscheiden und das andere aufzugeben. Wenn du dich mit deinem Denksystem identifizierst – und dem kannst du nicht entrinnen – und wenn du zwei Denksysteme akzeptierst, die in völligem Widerspruch zueinander stehen, ist Geistesfrieden unmöglich. Wenn du beide lehrst – was sicher der Fall sein wird, solange du beide annimmst –, lehrst und lernst du Konflikt. Und dennoch willst du Frieden, sonst hättest du dich nicht an die Stimme für den Frieden gewandt, daß sie dir helfe. Ihre Lektion ist nicht wahnsinnig, der Konflikt ist es. (T-6.V-B.5).

Was von uns jetzt gefordert ist, ist eine Wachsamkeit, die die Wachsamkeit des Ego aufhebt, und das ist die Bedeutung der dritten Lektion des Heiligen Geistes: Setze deine Wachsamkeit nur für GOTT und SEIN REICH ein. Diese Wachsamkeit drückt sich darin aus, daß wir uns des Zwecks bewußt werden, den das Ego damit verfolgt, eine ständige Haltung des Urteils und Angriffs aufrechtzuerhalten. Mit anderen Worten bittet uns Jesus durch Ein Kurs in Wundern, seine Hilfe in Anspruch zu nehmen, um des Bedürfnisses unseres Ego gewahr zu werden, seine Individualität aufrechtzuerhalten, indem es jemand anderen dafür verantwortlich macht. Uns die Dunkelheit des Ego mit Jesu Licht an unserer Seite anzuschauen ist das, was uns erlaubt, buchstäblich durch den Dunstschleier des Ego von Sünde, Schuld und Angst zur Wahrheit der Sühne des Heiligen Geistes zu schauen, die den Gedanken der Trennung an seiner Quelle aufhebt. In einer wichtigen Passage im Textbuch erläutert Jesus dieses entscheidende Prinzip:

Niemand kann Illusionen entrinnen, wenn er sie nicht ansieht, denn durch Nichthinsehen werden sie geschützt. Vor Illusionen braucht man nicht zurückzuschrecken, denn sie können nicht gefährlich sein. Wir sind bereit, das Denksystem des Ego genauer zu betrachten, weil wir gemeinsam die Lampe haben, die es auflösen wird, und da es dir klar ist, daß du es nicht willst, mußt du bereit sein. Laß uns ganz ruhig sein, während wir das tun, denn wir suchen nur ehrlich nach der Wahrheit. Die »Dynamik« des Ego wird jetzt für eine Weile unsere Lektion sein, denn da du ihm Wirklichkeit verliehen hast, müssen wir erst dies anschauen, um darüber hinauszusehen. Wir werden diesen Fehler still gemeinsam aufheben und dann über ihn hinaus zur Wahrheit blicken.
Was sonst ist Heilung als die Beseitigung all dessen, was der Erkenntnis im Wege steht? Und wie sonst sind Illusionen aufzulösen außer dadurch, daß man sie geradewegs anschaut, ohne sie zu schützen? Deshalb fürchte dich nicht, denn das, was du betrachten wirst, ist die Quelle der Angst, und du fängst an zu lernen, daß Angst nicht wirklich ist (T-11.V.1:1-2:3; Kursive v. Verf.).

Das Wort gemeinsam ist betont, weil der entscheidende Faktor hier ist, uns mit Jesus in diesem Prozeß der Wachsamkeit zu verbinden. Ohne ihn zu schauen ist eine Wiederholung dessen, daß wir ursprünglich auf die winzig kleine Wahnidee mit unserem Ego und ohne den Heiligen Geist »geschaut« und daher »zu lachen vergessen « haben (T-27.VIII.6:2). Dieses Problem, Dinge allein, ohne den Heiligen Geist, zu tun, wird im Schlußabschnitt des Handbuchs für Lehrer behandelt:

Es liegt noch ein anderer Vorteil darin – und ein sehr wichtiger –, Entscheidungen mit zunehmender Häufigkeit dem Heiligen Geist zu überlassen. Vielleicht hast du nicht an diesen Aspekt gedacht, aber wie zentral er ist, ist offensichtlich. Der Führung des Heiligen Geistes zu folgen heißt, dich von der Schuld lossprechen zu lassen. Das ist die Essenz der Sühne. Es ist der Kern des Lehrplans. Das eingebildete Usurpieren von Funktionen, die nicht deine eigenen sind, ist die Basis der Angst. Die ganze Welt, die du siehst, spiegelt die Illusion wider, daß du das tatest und dadurch die Angst machtest. Die Funktion dem zurückzugeben, dem sie gehört, ist also das Entrinnen aus der Angst. Und ebendieses ist es, was die Erinnerung an die Liebe zu dir zurückkehren läßt. Denk also nicht, daß der Führung des Heiligen Geistes zu folgen nur wegen deiner eigenen Unzulänglichkeiten nötig ist. Für dich ist es der Weg aus der Hölle (H-29.3).

Die Notwendigkeit, wachsam zu sein, und die enorme Mühe, die vonnöten ist, um das Egodenksystem aufzuheben, behandelt Jesus in der folgenden Passage im Rahmen der dritten Lektion des Heiligen Geistes:

Somit ist der dritte Schritt eine Aussage über das, was du glauben willst, und schließt eine Bereitwilligkeit ein, alles andere aufzugeben. Der Heilige Geist wird es dir möglich machen, diesen Schritt zu tun, wenn du ihm nachfolgst. Deine Wachsamkeit ist das Zeichen, daß du dich von ihm führen lassen willst. Wachsamkeit erfordert Mühe – aber nur bis du gelernt hast, daß Mühe selbst unnötig ist. Du hast dir große Mühe gegeben, das zu erhalten, was du gemacht hast, weil es nicht wahr war. Daher mußt du jetzt deine Bemühungen dagegen richten. Nur das kann alle Mühe unnötig machen und das Sein anrufen, das du sowohl hast als auch bist. Diese Einsicht ist völlig mühelos, da sie schon wahr ist und Schutz nicht nötig hat. Sie ist in der vollkommenen Sicherheit Gottes. Daher ist der Einschluß total und die Schöpfung grenzenlos (T-6.V-C.10).

Die gute Nachricht in Ein Kurs in Wundern ist, daß wir nicht mehr länger vorgeben müssen, gütige und liebevolle Menschen zu sein, die nur vom Wunsch beseelt sind, mit Jesus in unser Zuhause im Himmel zurückzukehren. Wenn das der Fall wäre, hätten wir von vornherein niemals den Wunsch gehabt, Gott zu verlassen, und wir würden uns gewiß nicht immer noch entscheiden, in unserem Zustand der Trennung und individuellen Existenz zu bleiben. Ganz im Gegenteil: Jesu Absicht in seinem Kurs besteht darin, uns zu dem Verständnis zu verhelfen, daß wir in der Tat unsere Individualität hätscheln und sogar gewillt sind, den hohen Preis von Sünde und Mord zu zahlen, um sie aufrechtzuerhalten. Indem wir jedoch mit ihm – ohne Urteil oder Schuld – schauen, erkennen wir, daß es nichts in anderen oder uns selbst zu vergeben gibt, denn es gibt nichts dort, was man überhaupt wahrnehmen, geschweige denn verurteilen könnte. Um mit der Passage fortzufahren, aus der wir bereits zitiert haben:

Ebenso lernst du, daß ihre Wirkungen [die der Angst] sich auflösen lassen, einfach indem du deren Wirklichkeit leugnest. Der nächste Schritt ist offensichtlich, zu begreifen, daß etwas, was keine Wirkungen hat, nicht existiert. Gesetze wirken nicht in einem Vakuum, und was zu nichts führt, ist nicht geschehen. Wenn man die Wirklichkeit an ihrer Ausdehnung erkennt, dann kann das, was zu nichts führt, nicht wirklich sein. Fürchte dich also nicht, die Angst anzuschauen, denn man kann sie gar nicht sehen. Klarheit hebt Verwirrung definitionsgemäß auf, und die Dunkelheit durch das Licht anzuschauen muß sie vertreiben (T-11.V.2:4-9).

Wenn wir uns so unsere Investition anschauen, an den drei Egoprinzipien festzuhalten, die unsere Besonderheit und Individualität unterstützen, erkennen wir wie der kleine Junge im Märchen, daß der Ego-Kaiser in Wirklichkeit nackt ist. Sein Denksystem von Sünde, Schuld und Angst, Leiden, Haß und Tod – das scheinbare Macht über Gott hat – ist nichts. Darüber hinaus erkennen wir, daß das Egodenksystem nicht nur machtlos ist, sondern daß es in der Tat gar kein Ego gibt. Nur die Liebe Gottes ist wahr, und daher ist nur die Liebe Gottes in unserem Geist. Damit ist der Traum von einer verrückten Reise fort vom Himmel in die Egowelt der Individualität aufgehoben durch diese sanfte Wachsamkeit, geboren aus unserer Verbindung mit Jesus oder dem Heiligen Geist. Mit ihrer Liebe an unserer Seite werden wir gesund und wohlbehalten in das Zuhause Christi zurückgebracht, das wir niemals verlassen haben. In Abwandlung der inspirierenden Worte des Textbuchs rufen wir in tiefer Freude aus:

Jetzt ist des Heiligen Geistes Ziel erreicht. Denn wir sind gekommen! Denn wir sind endlich da! (T-26.IX.8:7-9).

DruckversionSeitenanfang ↑

Copyright © Greuthof Verlag und Vertrieb GmbH | Impressum | Datenschutzerklärung